Am Wochenende war ich beim Workshop “Tablett bauen” in der Werk Statt Konsum – der Holzwerkstatt in der Alten Mu. Wer die Alte Mu noch nicht kennt: Die Anlage der ehemaligen Muthesius Kunsthochschule ist ein ganz besonderer Ort voller Kreativität, Offenheit, Herzlichkeit und ehrenamtlichem Engagement – und das inmitten der Kieler Innenstadt.

Schon lange löste der Name “Alte Mu” in meinem Kopf irgendwie positive Assoziationen aus – noch bevor ich überhaupt wusste, was das ganze überhaupt ist. Ihr kennt bestimmt auch diese Orte, bei denen man instinktiv einfach weiß, dass man dort irgendwie hingehört oder zumindest einmal gewesen sein muss. Im Herbst 2021 war ich dann endlich zum ersten Mal dort: Anja und ich hatten durch Plakatwerbung vom Herbstmarkt in der Alten Mu erfahren und haben dort unsere selbst gemachten Hundeleinen und andere kreative Kleinigkeiten verkauft. Die herzliche, unkomplizierte Art der Organisatoren und die tolle Atmosphäre von Veranstaltung und Räumlichkeiten haben uns sofort zu Alte Mu-Fans gemacht.

Als die Muthesius Kunsthochschule im Jahr 2012 aus ihren bisherigen Räumlichkeiten im Lorentzendamm 6-8 auszog, entstand bereits im gleichen Jahr durch den sukzessiven Einzug mehrerer kreativer Projekte dieser ganz besondere Ort. Mittlerweile haben über 30 Projekte ihre kreative Heimat in der Alten Mu gefunden: Die Co-Working Kitchen Cocina, die Sharing Community Glückslokal, die Imkerei Kieler Honig und Yoga in der Alten Mu sind nur ein Auszug der Vielfalt, die ihr dort antreffen könnt. Wenn ihr mehr erfahren wollte, schaut einfach mal hier. Na klar, und nicht zu vergessen: Die Werk Statt Konsum, um die es heute gehen soll.

Die Werk Statt Konsum befindet sich seit 2014 auf dem Gelände der Alten Mu und bietet mit ihrer offenen Holzwerkstatt Hobby-Tischlern, die keine eigene Werkstatt bzw. Werkzeuge haben, zahlreiche Möglichkeiten, sich kreativ auszutoben. Schon seit langem wollte ich – gern DIY-/upcyclingmäßig kreativ, aber mit extrem ausbaufähigem handwerklichem Talent gesegnet – endich mal zur Offenen Holzwerkstatt. Als ich dann vor kurzem die Ankündigung eines “Tablett-Workshops” sah, meldete ich mich kurzentschlossen an.

“Handwerkliche Tätigkeit und gegenseitiges Lehren stehen im Mittelpunkt der offenen Holzwerkstatt. Wir wollen eine Alternative zu anonymem Shopping, billiger Massenproduktion und einem nachlässigen Umgang mit Ressourcen bieten. Dazu stellen wir u.a. Raum, Werkzeug, Material und Unterstützung zum Bauen, Reparieren, Re-, Upcyclen und (Selbst-) Verwirklichen.”, heißt es auf der Homepage. Nicht zuviel versprochen!

Uns 12,5 Workshopteilnehmer (1 Teilnehmerin hatte ihre Tochter dabei, die fleißig mithelfen durfte) erwarteten drei extrem freundliche, hilfsbereite und kompetente Tischler (bzw. Tischler im Ruhestand), die allesamt auf ehrenamtlicher Basis ihr Wissen weitergeben.

Peter, André und Emily hatten für uns Werkstoffe für 2 verschiedene mögliche Tablettdesigns inkl. entsprechendem Holz aus alten zersägten Fenstern zur Auswahl vorbereitet. Was mir am allerbesten am Workshop gefallen hat, war allerdings die direkte Ansage: “Das sind nur Ideen. Ihr könnt das Tablett bauen, wie es euch gefällt: Quadratisch, achteckig, aus Mahagoni, Nussholz oder Fichte – schaut einfach, was ihr findet und gestaltet das Tablett nach euren Wünschen!”

Ein Traum für Schatzsucher wie mich!

Während einige der Teilnehmer direkt mit dem bereitgelegten Material loslegten, stöberten andere noch 30 Minuten später durch die Hallen auf der Suche nach dem schönsten Holz. Wir durften uns aus der bunten Vielfalt an Holzplatten, – scheiben, -klötzen und -leisten wirklich alles aussuchen, was wir für unser ganz individuelles Tablett nutzen wollten. Ohne Murren und Knurren sägte Peter – pensionierter Tischler mit Freude an der Weitergabe seines Erfahrungsschatzes – jeden noch so riesigen Holzklotz, den wir Kreativlinge anschleppten,  in Tablettbodenform. Die kleineren Geräte durften wir Teilnehmer nach kurzer Einweisung alle selbst nutzen, die großen Gerätschaften bedienten die Profis gemäß unseren Maßvorgaben.

Meine Wahl fiel nach dem Durchforsten aller Winkel der Werk Statt Konsum (und mehrfachem Umentscheiden inkl. entsprechender Zeichnungsänderungen) auf ein wunderschönes altes, beschriftetes Holz für die Seitenteile und einen alten Flaschenkartonboden. Als Tablettgriff kam dann nur noch ein windschiefer ehemaliger Besenstiel in Frage, der an keiner Stelle den gleichen Durchmesser aufwies (was herausfordernd in der Tablettherstellung war, dem ganzen aber einen zusätzlichen Charme verlieh).

Zuerst habe ich alles sorgfältig ausgemessen und entsprechend zugesägt (die langen Sägeschnitte wurden wie gesagt durch die Profis ausgeführt). Danach ging es an den Forstnerbohrer – bei dem Emily mir bei der Einweisung ins Gerät erzählte, sie dachte jahrelang, er heiße “Förster”bohrer. Gefällt mir besser, bleibt in meinem Kopf definitiv der Försterbohrer!

Zuletzt ging es mit Leim, Schraubzwingen, Akkubohrer, Hammer, Nägeln und Nachbarschaftshilfe ans Zusammenbauen des Tabletts. Wie durch ein Wunder hat sogar mein windschiefes altes Holz sich freiwillig in Tablettform begeben. Auch bei allen anderen Teilnehmern passten die Teile ineinander, und wir hatten am Ende tatsächlich 12 verschiedene Exemplare hergestellt.

Nach 4 sehr kurzweiligen Stunden voller Kreativität, netter Teilnehmer und vor allem großartiger Lehrmeister ging ich voller Stolz und Freude mit meinem Tablett-Unikat aus 99% alten Holzresten (1% neuer Leim  und Nägel) nach Hause.

Ein toller Nachmittag, den ich allen, die gern tischlern, wärmstens empfehlen kann! Aktuell könnt ihr Donnerstags von 16-20 Uhr und Sonntags von 12-16 Uhr zu einem ganz niedrigen Preis einfach so zum Tischlern vorbeischauen. Vielleicht sehen wir uns ja mal in der offenen Holzwerkstatt – ich werde auf jeden Fall ganz bald wieder hingehen!