Wie alles begann – oder: Was man so alles bei ebay-Kleinanzeigen findet
Eigentlich war Anja nur auf der Suche nach einer Einbauküche bei ebay-Kleinanzeigen, als sie unser heutiges “meerchen” – einen Wohnwagen der Marke Hobby von 1978 – entdeckte und sofort das Potenzial sah, das in ihm steckte.
“Fährst du mit mir nach Bornhöved (ca. 30 km südlich von unserem Heimatort Kiel) und guckst mit mir einen Wohnwagen an?” rief sie mich im Juni 2020 total begeistert an. “Einen WAS?!” In meinem Kopf erschienen grässliche Bilder von spießigen weißen Kästen, dicht an dicht geparkt, Spitzengardinen an den Fenstern, Gartenzwerge in den winzigen abgetrennten Parzellen,… – kurzum: Alles, was ich mir NICHT unter Urlaub oder Erholung vorstelle. Aber natürlich fuhr ich mit Anja den Wohnwagen ansehen, sie hat schließlich kein Auto. Und angucken kann man ihn ja mal, dachte ich mir. Ein gemeinsames Projekt wollten wir beide schließlich schon seit langem starten.
Das “meerchen” im Dornröschenschlaf
Was uns in Bornhöved erwartete waren ein sehr alter (Baujahr ´78, älter als wir), sehr verwitterter, ziemlich großer Wohnwagen und Axel – ein Träumer wie wir, der den Plan gehabt hatte, aus eben jenem Wohnwagen ein Tiny “Männer”-House zu bauen: Eine Oase für die Fußball-WM. Wovon Axel allerdings noch viel mehr träumte als von der Fußball-WM in der Blechbüchse war ein eigenes Segelboot. Als sich ihm eine einmalige Gelegenheit hierzu bot, beschloss er schweren Herzens, sich von seinem Tiny House-Rohbau zu trennen und es via ebay-Kleinanzeigen zu verkaufen.
Für uns war es Liebe auf den 1. Blick – naja, vielleicht auch auf den 2. Blick, denn von außen war das “meerchen” damals wirklich keine Schönheit. Aber der Innenbereich überzeugte uns sofort: Soviel Platz, soviel Raum für unsere kreativen Ideen, für unsere Freude am Gestalten und Einrichten! Ein für Wohnwagen-Verhältnisse riesengroßes Luxusbadezimmer (das wir am Ende des Tages mangels Wasseranschluss gar nicht brauchten, haha!) und soooo viele Steckdosen… Axel hatte wirklich schon sehr viel Zeit und Mühe in die Renovierung gesteckt. Vor allem hatte er schon genau die Arbeiten erledigt, von denen wir so gar keine Ahnung haben: Elektrik und Isolierung. Wenn euch nun aber genau dies interessiert, schreibt uns gern, und wir schauen mal, ob wir mit Axels Unterstützung einen Post hierzu schreiben können.
“Wir nehmen ihn!” Schnell wurden wir uns mit dem sympathischen, hilfsbereiten Axel handelseinig, vereinbarten mit ihm, noch eine Nacht über unsere Entscheidung zu schlafen und fuhren voller Euphorie und Vorfreude auf unser Projekt wieder nach Kiel.
“Sag mal, wo stellen wir das Ding denn eigentlich hin?”, war ich es, die unser vorfreudiges Dauergrinsen abrupt beendete.
“…..”
Weder Anjas 30 qm-Garten noch mein 4 qm-WG-Balkon kamen wohl in Frage…. Und wirklich fahrtüchtig war unser altes Schätzchen auch nicht mehr. Das Schöne an Projekten mit Anja ist, dass man seinen persönlichen Positivdenker immer gleich dabei hat. Da bleibt auch dem hartgesottensten Grübler (wie ich manchmal einer bin) gar nichts anderes übrig, als daran zu glauben, dass die Dinge genau dann zu einem kommen, wenn man sie braucht. Uns beide eint außerdem, dass wir uns nie lange an Problemen aufhalten, sondern immer versuchen, irgendwie eine Lösung zu finden. So schwelgten wir bald in Zukunftsvorstellungen, in denen unser neuer Wohnwagen in einer einzigartigen, strandnahen Lage eine neue Heimat finden würde – und machten uns an die Recherche.
Ein Stellplatz muss her
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns allerdings noch überhaupt nicht mit der Thematik “Grundstück für Tiny House/Wohnwagen” beschäftigt, und so wurde unsere romantisierte Vorstellung der idyllischen, autarken, freiheitsliebenden Tiny House-Siedlung ziemlich schnell zerschlagen. Willkommen in Deutschland – dem Land der un-, nein, der ziemlich begrenzten Möglichkeiten! In Deutschland kann man leider nicht wie in einigen anderen Ländern “mal eben” ein Tiny House aufstellen.
Dann eben Campingplatz!
Campingplätze gibt es bei uns an der Ostsee wie Sand am Meer. Nur war der klassische deutsche Campingplatz (da waren wir wieder bei den Spitzengardinen und Gartenzwergen) eigentlich so gar nicht das, was uns als Standort für unser “meerchen” vorschwebte. Aber irgendwo mussten wir ihn ja mangels romantischer Tiny House-Siedlung hinstellen. Also gingen wir auf Campingplatz-Erkundung – und waren sehr schnell desillusioniert. Meine Schreckensvision erfüllte sich leider bei fast allen Campingplätzen: Dicht an dicht standen die weißen Kästen in ihren umzäunten kleinen Parzellen, nur ab und zu unterbrochen von einem draufgängerischen beigefarbenem Modell. Nach dem fünften Campingplatz mussten wir uns nur kurz anschauen und wussten direkt: “Nein, hier nicht.”
Und dann endlich fanden wir UNSEREN Ort: CAMP LANGHOLZ! Nach eigenen Angaben (und auf dem allerbesten Weg dahin) “Ein Camp jenseits aller Negativ-Klischees, ohne Schrebergarten-Charakter, ohne übertriebenes Regelwerk, ohne Gartenzwerge, Friedhofhecken, Trainingsanzug- und Goldkettchenträger, ohne Ballermann-Kultur und schlechte deutsche Schlagermucke.” Eingebettet zwischen Feld, Wald und Meer strahlt dieser einzigartige Campingplatz, der die Philosophie “We like to camp different.” konsequent umsetzt, fast eine Festival-Atmospäre aus, und wir fühlten uns sofort Zuhause. “Entweder hier oder wir verkaufen den Wohnwagen wieder!”
Statistisch gesehen standen die Chancen für den Wohnwagen gut, direkt wieder den Besitzer zu wechseln. Denn es ist sehr unwahrscheinlich, mal “eben so” an einen Dauerstellplatz zu kommen. Diese werden teilweise über Generationen weitervererbt und sind direkt am Meer heiß begehrt!
Uns war klar: Wir müssen unser Projekt ein wenig vermarkten, wenn wir einen der heiß begehrten Plätze bekommen wollten. Also beschlossen wir, basierend auf unserem Recherchematerial zum Umbau und unserer Tiny Home-Vision eine kleine Präsentation für den Campingplatzinhaber zu erstellen.
Wir waren bestimmt kurz davor, die Campingplatz-Leute mit unseren regelmäßigen Besuchen in den Wahnsinn zu treiben, aber wenn wir für eine Sache brennen, dann sprühen wir einfach vor Begeisterung. Unsere Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt und wir bekamen tatsächlich direkt für die nächste Campingsaison einen Stellplatz! Ohne Wasseranschluss, dafür mit herrlichem Meerblick, umrahmt von majestätischen Pappeln. Waren wir anfangs noch ein wenig traurig darüber, unsere bereits eingebaute Luxusdusche nicht nutzen zu können und vor allem keine Toilette im Wohnwagen zu haben, freuten wir uns sehr bald über den zusätzlichen Stauraum, den wir durch die Abschaffung des Badezimmers gewannen. Mittlerweile haben wir aus dem ursprünglichen Badezimmer zusätzlich einen begehbaren Kleiderschrank, einen Küchenvorratschrank und ein Hundezimmer gemacht. Eine Toilette haben wir trotzdem drin, ein Handtuchregal und sogar einen “Schmink”spiegel. Man gewöhnt sich daran, das kleine Campingklo gelegentlich wegzutragen und mit neuem Wasser zu befüllen. Denn was brauchen wir wirklich? Definitiv keinen Luxus! Wir sind so dankbar für unseren wunderschönen Stellplatz auf dem coolsten aller Campingplätze.